Studium in der EU oder in der Ukraine?
Compango – Green voices diskutiert Bildung, Chancen und Identität
Wie prägt ein Studium die eigene Zukunft – und welche Unterschiede gibt es zwischen den Hochschulsystemen in der EU und in der Ukraine? Mit dieser Frage beschäftigte sich die jüngste Sendung von Compango – Green voices auf Freie Radios Berlin-Brandenburg. Moderatorin Sofia, 22 Jahre alt und selbst Absolventin der Kyjiw-Mohyla-Akademie, führte durch das Gespräch und stellte zwei Gäste vor, deren Lebenswege unterschiedlicher kaum sein könnten.
Der erste Gast war Lukas aus Wien, der Slawistik in Berlin studiert und später einen Master am renommierten College of Europe in Natolin absolviert hat. Besonders eindrücklich schilderte er die Unterschiede zwischen klassischen Universitäten in Deutschland und Österreich und dem stark internationalen Ansatz in Natolin. Ein Austauschsemester an der Kyjiw-Mohyla-Akademie brachte ihn zudem nach Kyjiw, wo er die ukrainische Hochschullandschaft direkt kennenlernte. Für ihn war der Vergleich zwischen Natolin und Kyjiw nicht nur akademisch, sondern auch atmosphärisch prägend: „Man spürt sofort, wie stark Bildung auch mit gesellschaftlichem Umfeld und politischem Kontext verbunden ist.“
Ganz andere Erfahrungen brachte Juliana ein, die Deutsche Sprache und Literatur in der Ukraine studiert hat und heute in der Berliner Senatsverwaltung arbeitet. Sie erzählte, wie praxisnah Ausbildung und Studium in Deutschland sein können – manchmal eine Herausforderung, aber auch ein klarer Vorteil. Rückblickend half ihr diese Ausbildung, den Weg in die Verwaltung zu finden. Interessant war ihre Einschätzung, dass viele Fähigkeiten, die zunächst nichts mit ihrem heutigen Beruf im Personalwesen zu tun haben, dennoch täglich nützlich sind: analytisches Denken, sprachliche Präzision, kulturelles Verständnis.
Im gemeinsamen Gespräch wurde deutlich: Die ukrainische Ausbildung gilt oft als sehr theoretisch, bietet aber eine starke akademische Basis. Deutsche Hochschulen setzen auf Praxisnähe, klare Strukturen und Berufsfelder. Internationale Programme wie Erasmus oder Stipendien spielen für ukrainische Studierende eine entscheidende Rolle – sie öffnen Türen, schaffen Netzwerke und vermitteln neue Perspektiven. Und die Frage nach einer „europäischen Identität“? Beide Gäste waren sich einig: Ein Studium im Ausland kann diese Identität fördern – nicht, indem es Heimat ersetzt, sondern indem es Horizonte erweitert.
Am Ende der Sendung blickten Lukas und Juliana auf ihre eigenen Wege zurück. Lukas würde sich jederzeit wieder für Natolin entscheiden. Juliana bereut nicht, in Deutschland studiert zu haben, schätzt aber die Wurzeln ihrer ukrainischen Ausbildung. Beide raten jungen Menschen, die Wahl ihres Studienortes nicht nur von Karrierechancen abhängig zu machen, sondern auch davon, wo sie wachsen und sich als Menschen entwickeln möchten.
Die Sendung zeigte eindrücklich: Bildung ist mehr als nur ein Abschluss. Ob in der Ukraine oder in der EU – sie prägt Identität, eröffnet Chancen und verbindet Menschen über Grenzen hinweg. Compango – Green voices läuft regelmäßig auf 88,4 MHz in Berlin, 90,7 MHz in Potsdam und über DAB+.